Vorstellungskraft und Fantasie in Reimlingen
13. Kirchenkonzert der Musikkapelle
In ihrem alljährlichen Kirchenkonzert am Christkönigssonntag zog die Musikkapelle Reimlingen unter der Leitung ihres Dirigenten Karsten Sell die Zuhörer in der Pfarrkirche St. Georg mit sentimentalen wie erhabenen Klängen in ihren Bann und stimmte die Besucher mit einfühlsam vorgetragenen Werken auf die beginnende Adventszeit ein.
Den Grundstein des Konzerts legte die „Jupiter Hymn“ des englischen Komponisten Gustav Holst (1874-1934) aus dem vierten Satz seiner Orchestersuite „Die Planeten“, welche zwischen 1914 und 1916 entstand. Monumentale Klangeffekte und ein Reichtum an Klangfarben unterstrichen die spürbare Würde dieses spätromantischen Werks.
Es folgte ein musikalischer Streifzug durch die Welt des Chorals. Hier standen drei Werke verschiedener Epochen im Vergleich. Mit „Vergiss mein nicht, mein allerliebster Gott“ von Johann Sebastian Bach (1675-1750) aus dem Jahr 1735 wurde ein typischer barocker Choral vorgestellt. Demgegenüber stand der 1890 komponierte Choral „An mein Land“ aus der dritten Sinfonie „Für mein Vaterland“ des Niederländers Bernard Zweers (1854-1924). Die dem Zeitgeist entsprechenden patriotischen Tendenzen wurden am Konzertabend in Reimlingen durch das Zusammenspiel von Orchester und Orgel in einem großen Spannungsbogen bestens herausgearbeitet. Den Reigen schloss der zeitgenössische Choral „Elysium“ aus dem Jahr 1999. Robert Finn (*1973) benutzt in seinem Werk zwar alle musikalischen Bausteine eines klassischen Chorals, doch hebt er sich durch moderne Kompositionsformen deutlich von den vorherigen ab.
Als Hauptwerk des Abends stand die Tondichtung „Imagasy“ von Thiemo Kraas auf dem Programm. „Imagasy“, ein Neologismus aus den Worten „Imagination“ und „Fantasy“, zu Deutsch Vorstellungskraft und Fantasie, ist gezeichnet von einer sehr emotionalen Tonsprache. Das neun Minuten dauernde Stück quoll über vor musikalischen Einfällen des Komponisten, in die sich die Musikkapelle Reimlingen mit Spielfreude hineinfallen ließ. Durch instrumentale Vielseitigkeit mit mehreren solistischen Abschnitten, die treffend und klangklar vorgetragen wurden, untermalte das Orchester sicher geleitet von Dirigent Karsten Sell dieses wunderbare Werk. Filigrane Zartheit quer durch alle Register wechselte mit voluminösen Passagen, in denen die Gefühlswelt der Zuhörer angesprochen wurde: Empfindsamkeit, Versunkenheit und Pathos.
Vier Werke aus dem Bereich Film- bzw. Rock/Popmusik folgten im Anschluss. „Gabriellas Sang“ von Stefan Nilsson (*1955) aus dem schwedischen Kinofilm „Wie im Himmel“ (2005) und „Gabriel’s Oboe“, das Hauptthema des amerikanischen Films „The Mission“ (1986). In letzterem zeigte Solistin Stefanie Mielich (Alt-Saxophon) gekonnt in einer einfühlsamen Art und Weise auf, dass Komponist Ennio Morricone (*1928) nicht nur das Genre des Italowesterns bedient, sondern mittels seiner Musik auch reichlich mit Herz zu überzeugen weiß. „The Sound of Silence“, die weltbekannte Ballade des Duos „Simon & Garfunkel“ durfte am Konzert ebenso wenig fehlen, wie die emotionale Hymne an die Freundschaft „The Way Old Friends Do“ von ABBA aus dem Jahr 1979.
„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ heißt es im Gedicht des Theologen und NS-Regimegegners Dietrich Bonhoeffer, das Jahre später vertont und somit zu einem der schönsten und bekanntesten geistlichen Lieder unserer Zeit wurde. Mit dem neuen Arrangement von Martin Scharnagl (*1988) verabschiedete sich die Musikkapelle Reimlingen von ihrem Publikum, ehe zusammen „Macht hoch die Tür“ angestimmt wurde und somit schließlich adventliche Töne einkehrten.