Von Klassik, Katzen und Balladen
Mit ihrem traditionellen Kirchenkonzert begeisterte die Musikkapelle Reimlingen unter der Leitung ihres Dirigenten Karsten Sell die Zuhörer vergangenen Sonntag in der Pfarrkirche St. Georg einmal mehr und stimmte die Besucher mit Werken von Komponisten unterschiedlicher Musikepochen auf die beginnende Adventszeit ein.
Das imposante Eröffnungswerk „Valhalla“ von James L. Hosey (*1959) ist eine klangvolle Ouvertüre für Blasorchester im Stile von Richard Wagners Opernmusik. Majestätische Fanfaren kündigten am Konzertabend melodienreiche Abschnitte an, die Wagners „Ritt der Walküren“ erahnen ließen, ehe das Stück in einem kraftvollen Finale der wiederkehrenden Anfangsfanfaren endete.
Tomaso Albinoni (1671-1751) war einer der letzten bedeutenden Kompositeure der Barockzeit Venedigs. Das ihm zugeschriebene „Adagio“ wurde jedoch erst weit nach seinem Tod rekonstruiert, nachdem im Jahr 1945 ein Manuskript mit einzelnen Fragmenten davon entdeckt wurde. Obwohl im Stil eher bedrückend und von absteigenden Melodienfolgen geprägt, zählt es heute zu den bekanntesten Stücken klassischer Musik. Jene daraus entstandene Faszination musikalischer Schwermut war am Konzertabend regelrecht greifbar.
Im Anschluss wurden die Zuhörer weitergeführt in die Welt der Spätromantik und konnten durch den klangvollen „Abendsegen“ aus der Märchenoper „Hänsel und Gretel“ des deutschen Komponisten Engelbert Humperdinck (1854-1921) kurz innehalten und verweilen.
Es folgte das Hauptstück des Abends: „Nora”, eine Komposition des Österreichers Thomas Asanger (*1988). Mag das Konzertpublikum in Reimlingen beim Titel vorher unfreiwillig an eine Liebeserklärung Asangers für eine Dame gedacht haben, so irrte man. Das Werk ist eine musikalische Skizze über die gleichnamige Katze des Komponisten, die im stattlichen Alter von 20 Jahren verstarb. Sie beschreibt ihre vielschichtigen Charakterzüge: mal ganz ruhig, schnurrend und schmeichelnd, im nächsten Moment verspielt, ungestüm und auf Abenteuer aus. Dirigent Karsten Sell samt Orchester gelang es hervorragend, den Zuhörern Bilder vom vielleicht eigenen Vierbeiner vor Augen zu führen und schmückte diese Szenen durch filigrane Verspieltheit, aber auch voluminöse Klangwucht souverän aus.
Die Genres Musical und Filmmusik fehlen bei keinem Kirchenkonzert der Musikkapelle Reimlingen. Nicht nur die bekannten Melodien des US-amerikanischen Computeranimationsfilms „Drachenzähmen leicht gemacht” von John Powell (* 1963) überzeugten, ebenso „Send in the Clowns” aus dem Musical „A little Night Music” von Stephen Sondheim (1930-2021).
Die beiden folgenden Balladen aus den 80er-Jahren verbreiteten definitiv Wärme unter den Gästen bei kalten Temperaturen in der Pfarrkirche: „Weus’d a Herz hast wia a Bergwerk” des österreichischen Liedermachers Rainhard Fendrich (*1955) gilt als einer der meistgespielten deutschsprachigen Radiobeiträge, auf internationalem Parkett steht der Song „Hallelujah” des kanadischen Sängers Leonard Cohen (1934-2016) dem in nichts nach.
Für Markus Götz’ (* 1973) festliche Weihnachtsmusik „Oh Sanctissima” dient als Grundstein das Weihnachtslied „Oh du Fröhliche”, welches er geschickt mit immer wiederkehrenden Einwürfen anderer Melodien wie Händels „Halleluja”, „Joy to the World” oder „Fröhliche Weihnacht überall” verbindet. Mit diesen anmutigen Klängen verabschiedete sich die Musikkapelle Reimlingen von ihrem Publikum, ehe gemeinsam „Macht hoch die Tür” angestimmt wurde, um sich für den anstehenden Advent bereitzumachen.